Schielen (Strabismus) bei Kindern
Schielen (Strabismus) liegt vor, wenn ein oder beide Augen nicht parallel ausgerichtet sind. Das schielende Auge weicht von der Sehachse des anderen Auges ab, sodass beide Augen in unterschiedliche Richtungen blicken.
Unbehandeltes Schielen kann zu Sehstörungen, Kopfschmerzen und einer Beeinträchtigung des räumlichen Sehens führen. Daher ist eine frühe Diagnose und Behandlung wichtig, um langfristige Folgen zu vermeiden.
Hier erfahren Sie mehr über Schielerkrankungen und die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten.

Was ist Schielen?
Schielen ist mehr als nur ein Silberblick – es handelt sich um eine ernsthafte Augenkrankheit, bei der das Gleichgewicht der Augenmuskulatur gestört ist. Der medizinische Fachbegriff für das Schielen ist Strabismus (englisch: Squint), abgeleitet vom altgriechischen Wort „strabismós“.
Per Definition bedeutet Schielen, dass ein oder beide Augen fehlgestellt sind. Das schielende Auge weicht von der Sehachse des anderen Auges ab, sodass beide Augen nicht in die gleiche Richtung blicken und unterschiedliche Bilder ans Gehirn senden. Dadurch kann das Gehirn diese Bilder nicht richtig zu einem einzigen Seheindruck zusammensetzen.
Das Schielen kann:
- zeitweise oder dauerhaft auftreten,
- angeboren sein und bereits bei Babys vorkommen,
- erst im Laufe des Lebens entstehen, zum Beispiel durch Krankheiten oder Verletzungen.
Der Strabismus ist kein „Schönheitsfehler“, sondern mit ernstzunehmenden Sehstörungen verbunden, wenn das eine Auge hierhin und das andere dorthin blickt. Es handelt sich um eine Erkrankung, die – ohne rechtzeitige Schielbehandlung im Kindesalter– in einer mehr oder weniger starken Sehschwäche (Amblyopie) oder sogar einer hochgradigen Sehschwäche münden kann.
Das Schielen verursacht oft zusätzlich einen erheblichen seelischen Leidensdruck. Denn viele fühlen sich durch ein schielendes Auge optisch nicht schön.
Schwachsichtigkeit (Amblyopie) und Schielen (Strabismus) hängen eng zusammen: Das Schielen ist der häufigste Grund für die Schwachsichtigkeit bei Kindern. Normalerweise verarbeitet das Gehirn die Bilder, beider Augen zu einem Sehendruck. Beim Schielen erhält das Gehirn jedoch so unterschiedliche Bilder von beiden Augen, dass diese nicht zu einem Seheindruck zusammengeführt werden können. Die Folge ist der Seheindruck eines Auges wird unterdrückt, das Sehen entwickelt sich nicht weiter.
Wichtig ist es, den Strabismus möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln – also möglichst schon im Baby- oder Kleinkindalter. Dann ist die Behandlung von Schielerkrankungen am effektivsten und belastet Ihr Kind am wenigsten. Und die Chancen stehen gut, dass sich die Sehschwäche wieder korrigieren lässt und Ihr Kind später normal sehen kann.
Unterschiedliche Arten von Schielen
Beim Schielen weicht ein Auge von der Blickrichtung des anderen ab. Es gibt jedoch mehrere Arten des Schielens, die sich nach verschiedenen Kriterien unterscheiden lassen, zum Beispiel nach der Schielrichtung oder der Ausprägung der Fehlstellung der Augen.
Zudem kann der Strabismus angeboren sein – dann betrifft das Schielen schon Babys. Er kann aber auch im Lauf des Lebens erworben sein, etwa durch Krankheiten.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, ob das Schielen dauerhaft (manifestes Schielen) oder versteckt (latentes Schielen) den Seheindruck des Kindes beeinflusst.
Meist schielt immer das gleiche Auge, Fachleute bezeichnen dies als einseitiges oder monolaterales Schielen.
Seltener wechselt das Schielen allerdings auch zwischen dem rechten und linken Auge hin und her. Dieses wird abwechselndes oder alternierendes Schielen bezeichnet.
Die wichtigsten Strabismus-Formen – eingeteilt nach der Schielrichtung:
Einwärtsschielen, auch Innenschielen genannt. Das schielende Auge blickt bei dieser Schielform nach innen in Richtung der Nase. Diese Form heißt auch Strabismus convergens oder Esotropie.
Auswärtsschielen, auch Außenschielen genannt. Das schielende Auge weicht in der Blickrichtung nach außen in Richtung der Schläfe ab. Diese Form hat noch andere Namen: Strabismus divergens oder Exotropie.
Höhenschielen: Das schielende Auge weicht in der Höhe ab, dabei blickt ein Auge nach oben (Hypertropie) oder unten (Hypotropie).
Verrollungsschielen: Das Auge kann nach innen oder nach außen verrollen – es erfolgt eine Verdrehung um die Sehachse. Diese Form des Schielens wird auch Zyklotropie genannt und ist mit bloßem Auge kaum erkennbar.
Sonderformen des Schielens:
Latentes Schielen (Heterophorie) tritt nur zeitweise auf und bleibt oft unbemerkt. Es lässt sich bei einer Untersuchung durch den abwechselnden Abdecktest nachweisen – bei mehr als 70 Prozent aller Menschen zeigt sich dann eine leichte Schielstellung.
In den meisten Fällen gleicht das Gehirn die Fehlstellung aus, sodass keine Beschwerden entstehen. Treten jedoch Symptome auf, spricht man von Pathophorie.
Schielen kann nicht nur nach der Schielrichtung, sondern auch nach der Ausprägung unterschieden werden. Beim Mikrostrabismus (Mikroschielen) ist die Abweichung der Augen so gering, dass sie selbst Eltern oft nicht auffällt. Fachleute sprechen davon, wenn der Schielwinkel weniger als 5° beträgt.
Dieser oft bezeichnete „Silberblick“ – darf keinesfalls unterschätzt werden. Häufig ist die Sehschärfe des betroffenen Auges stark reduziert, da das Mikroschielen oft zu spät erkannt und behandelt wird.
Beim Lähmungsschielen (Strabismus paralyticus) sind die Augenmuskeln oder deren Nerven geschädigt, wodurch sich das betroffene Auge nicht mehr vollständig bewegen kann. Dies führt zu einer plötzlichen Schielstellung mit Doppelbildern und weiteren Sehproblemen.
Im Gegensatz zu anderen Schielformen bleibt der Schielwinkel nicht konstant, sondern verändert sich je nach Blickrichtung. Betroffene neigen oft den Kopf zur Kompensation, um Doppelbilder zu vermeiden.
Symptome und Ursachen des Schielens
Symptome des Schielens
Wie können Eltern Schielen bei Kindern erkennen? Schielen (Strabismus) ist oft auf den ersten Blick erkennbar, da beide Augen nicht in die gleiche Richtung blicken. Doch nicht immer ist die Fehlstellung offensichtlich. Beim Mikrostrabismus ist das Schielen so gering ausgeprägt, dass selbst aufmerksame Eltern es oft nicht bemerken können.
Eine frühzeitige augenärztliche und orthoptische Untersuchung kann helfen, versteckte Sehprobleme zu erkennen und mögliche Langzeitfolgen zu vermeiden.
Welche Symptome können auf Schielen hinweisen?
Eltern können folgende Anzeichen bei ihrem Kind beobachten:
- Häufiges Zukneifen der Augen
- Schiefhalten des Kopfes
- Ungeschicklichkeit oder Stolpern
- Sehen von Doppelbildern
- Verschwommenes Sehen
- Fehlstellung der Augen
- Zukneifen oder Abdecken eines Auges
Sollten Sie eines oder mehrere dieser Symptome bemerken, ist eine frühzeitige augenärztliche und orthoptische Abklärung ratsam.
Ursachen des Schielens
Schielen kann angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Die häufigsten Ursachen sind:
- Erbliche Veranlagung: Schielen tritt in manchen Familien gehäuft auf. Ist ein Elternteil betroffen oder wurde behandelt, sollte das Kind frühzeitig (zwischen sechs und zwölf Monaten) augenärztlich und orthoptisch untersucht werden.
- Risikofaktoren während Schwangerschaft und Geburt: Frühgeburt, Sauerstoffmangel während der Geburt
- Unbehandelte Fehlsichtigkeiten: z. B. unerkannte Weitsichtigkeit oder große Unterschiede in der Sehstärke beider Augen
- Kinderkrankheiten oder Unfälle: Schweres Fieber, seelische Krisen oder Kopfverletzungen (z. B. Gehirnerschütterung) können plötzliches Schielen auslösen. In solchen Fällen ist eine umgehende augenärztliche, orthoptische (und ggf. neurologische) Untersuchung notwendig.
- Einseitige Trübung der Augenlinse
- Augenentzündungen, Verletzungen oder Tumore (z. B. Augentumore)
Falls Sie unsicher sind, ob Ihr Kind schielt oder Auffälligkeiten bemerken, empfiehlt sich ein frühzeitiger Besuch bei Ihrer Augenarztpraxis oder Sehschule.
Diagnose: Mein Kind schielt – was nun?
Die Zusammenarbeit von Auge, Sehnerv und Gehirn durchläuft verschiedene Entwicklungsphasen und ist erst etwa mit dem 12. Lebensjahr vollständig ausgereift. Deshalb können Ihre Beobachtungen Hinweise auf ein Schielen sein aber um sicher zu gehen sollte augenärztliche und orthoptische Untersuchungen gemacht werden.
Die Sehentwicklung von Auge, Sehnerv und Gehirn verläuft in mehreren Phasen und ist erst etwa mit dem 12. Lebensjahr vollständig abgeschlossen. Auffälligkeiten im Sehverhalten oder Früherkennungsuntersuchungen in der Kinderarztpraxis können Hinweise auf ein Schielen geben. Um dies sicher abzuklären, sind eine augenärztliche und orthoptische Untersuchung empfehlenswert.
Der Berufsverband der Augenärzte empfiehlt Eltern, ihr Kind nicht nur beim Kinderarzt oder Kinderärztin untersuchen zu lassen, sondern auch eine frühe augenärztlich-orthoptische Untersuchung durchzuführen.
Empfohlene Untersuchungen:
- Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt oder Kinderärztin (z. B. U-Untersuchungen)
- Augenärztlich-orthoptische Untersuchung zwischen dem 30. und 42. Lebensmonat (U7a) – auch ohne sichtbare Auffälligkeiten
Eine frühzeitige Diagnose erhöht die Chance, Schielen (Strabismus) und Sehschwäche (Amblyopie) rechtzeitig zu erkennen und erfolgreich zu behandeln.
Schielen ist manchmal auf den ersten Blick sichtbar, doch für eine genaue Diagnose sind spezielle augenärztliche Tests erforderlich.
Häufig eingesetzte Untersuchungen:
- Stereotests: Überprüfen das beidäugige Sehen (räumliches Sehen).
- Ab- und Aufdecktest (Cover-Test): Zeigt, ob ein verstecktes oder offensichtliches Schielen vorliegt.
- Prüfung der Augenbeweglichkeit: Stellt fest, ob die Muskeln beider Augen harmonisch arbeiten.
- Prüfung der Sehschärfe: Stellt fest, ob eine Schwachsichtigkeit an einem Auge vorliegt.
Diese Tests helfen, Schielerkrankungen und Sehfehler zu erkennen und gezielt zu behandeln.
Objektive Refraktionsbestimmung mit Augentropfen und Skiaskopie (Schattenprobe)
- Ermöglicht eine präzise Bestimmung von Brechungsfehlern wie Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit.
- Die Skiaskopie wird mit einem speziellen Spiegel (Skiaskop) durchgeführt, um die Brechkraft des Auges objektiv zu messen.
- Ideal für Säuglinge und Kleinkinder, da sie ihre Sehprobleme nicht selbst äußern können und die Untersuchung ohne aktive Mitarbeit des Kindes funktioniert.
Je früher Schielen erkannt wird, desto besser sind die Behandlungschancen. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und spezialisierte orthoptische Tests helfen, Sehschwächen frühzeitig zu erkennen und langfristige Folgen zu vermeiden.
Falls Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind schielt oder Sehprobleme hat, lassen Sie es frühzeitig untersuchen – für eine gesunde Sehentwicklung!
Behandlung von Schielen bei Kindern
Was kann man gegen Schielen machen? Für die Art der Therapie ist die Ursache des Schielens entscheidend. Therapiemöglichkeiten sind z.B. Brille, Okklusionstherapie oder Schieloperationen. Ob das Schielen heilbar ist, hängt von der Form, Ursache und der Ausprägung des Strabismus ab.
Brille als Therapie gegen Schielen
Bei mehr als der Hälfte der Kinder ist eine nicht korrigierte Fehlsichtigkeit (meist Weitsichtigkeit) der Grund für ein Innenschielen. Die Brille korrigiert die Sehschwäche sowie das Schielen oder verringert es zumindest maßgeblich. Bei Kindern ist die Behandlung des Schielens mittels Brille schon im Baby-Alter möglich.


Abdecken mit Augenpflaster (Okklusionstherapie)
Bei einer Okklusionstherapie wird bei Kindern das gesunde Auge mit einem Augenpflaster abgeklebt. Ziel ist es, das schwächere, schielende Auge zu trainieren und seine Sehschärfe zu verbessern. Das Augenpflaster kommt zum Einsatz, um eine Schwachsichtigkeit – die Amblyopie – zu verhindern oder zu behandeln, die häufig mit dem Schielen einhergeht, nicht um das Schielen selbst zu therapieren.
Betroffene tragen das Augenpflaster aber nicht permanent, sondern nur in bestimmten Rhythmen. Die augenärztliche oder orthoptische Fachkraft legt dieses Intervall individuell fest. Somit ist es ausgeschlossen, dass das eigentlich gesunde Auge eine Schwachsichtigkeit entwickelt. Es gibt inzwischen bunte Augenpflaster mit freundlichen, kindgerechten Motiven, die sich sanft anbringen und wieder ablösen lassen. Wichtig bei der Okklusionstherapie ist die regelmäßige und konsequente Durchführung des Abklebens.
Schieloperation bei Kindern (Strabismus-OP)
Je nach Art und Ausprägung des Schielens kann eine Strabismus-OP infrage kommen. Die Fehlstellung lässt sich durch einen chirurgischen Eingriff an den Augenmuskeln korrigieren.
Die Strabismus-OP erfolgt meist im Vorschulalter.
Schieloperationen besitzen nur geringe Risiken und haben gute Erfolgschancen. Meist werden sie nach einer Überweisung des Augenarztes in einer Augenklinik unter Vollnarkose durchgeführt. Die Nebenwirkungen kurz nach der Schieloperation können leichte Schmerzen oder ein Fremdkörpergefühl sein, besonders beim Bewegen der Augen. In der ersten Woche nach der Operation ist oft die Bindehaut am Auge gerötet und geschwollen. Diese unerwünschten Wirkungen sind aber nur vorübergehend.
In manchen Fällen muss ggf. ein erneuter operativer Eingriff erfolgen, wenn die erste Operation nicht ausreichend erfolgreich war, um die Schielerkrankung zu behandeln. Dies hängt unter anderem von der Art und Stärke der Augenfehlstellung ab.
Was passiert, wenn man Schielen nicht behandelt?
Schielen bei Kindern kann zu ernsthaften Folgen und Problemen führen, wenn es nicht fachgerecht von einem Augenarzt oder einer Orthoptistin behandelt wird. Unbehandeltes Schielen kann das Sehvermögen wie auch das schielende Auge dauerhaft beeinträchtigen. Auch die räumliche Wahrnehmung, das beidäugige Sehen können davon negativ beeinflusst werden, was Auswirkungen auf die motorische Entwicklung des Kindes haben kann. Aus diesen Gründen ist es wichtig, Schielen bei Kindern frühzeitig zu erkennen und behandeln zu lassen, um bleibende Schäden zu vermeiden.
- Schwächung des Sehvermögens auf dem schielenden Auge
- Einschränkung der räumlichen Wahrnehmung und des Binokularsehens
- Beeinträchtigung der motorischen Entwicklung
- Dauerhafte Sehstörungen und Schielen im Erwachsenenalter
- Verminderte Leistungsfähigkeit bei schulischen und beruflichen Tätigkeiten, die eine gute Sehfähigkeit erfordern
- Höhere Sturzgefahr aufgrund eingeschränkter räumlicher Wahrnehmung und Koordination
- Beeinträchtigung der sozialen Interaktion und des Selbstbewusstseins durch das Schielen
Schielen – welche Kosten trägt die Krankenkasse?
Dauerhaftes Schielen bei Kindern müssen augenärztliche oder orthoptische Fachkräfte unbedingt behandeln, um eine Schwachsichtigkeit zu verhindern. Die Krankenkassen übernehmen daher die Kosten der Schielbehandlung. Anteilig bezahlen sie auch die Kosten für eine Kinderbrille.
Erwachsene sollten vor dem Beginn der Behandlung des Schielens bei ihrer Krankenkasse nachfragen, welche Kosten sie übernimmt. Meist bezahlt sie einen Teil der Schielbehandlung, etwa eine Brille bei starker Fehlsichtigkeit. Gibt es eine Indikation für eine Schieloperation, erstattet die Krankenkasse die Kosten. Das Gleiche gilt für notwendige Augenuntersuchungen beim Schielen.

Ihr Partner in der Okklusionstherapie
Wir begleiten Fachkräfte, Eltern und Kinder zuverlässig durch die Okklusionstherapie und stehen mit unseren Augenpflastern sowie vielfältigen Unterstützungsangeboten zur Seite. Unser Ziel ist es, die Therapie bestmöglich zu erleichtern und gemeinsam den Therapieerfolg zu fördern.
Weitere Themen
Das könnte Sie auch interessieren: